Hermann Müller-Franken Preis

Martin Becher erhält den Hermann Müller-Franken Preis 2024

Von links: Prof. Dr. Günter Dippold, Stefan Hinterleitner, Martin Becher, Dr. Ulrich Maly und Oliver Jauernig.

Becher, der 1961 im oberfränkischen Münchberg geboren wurde, ist Diplom-Pädagoge und Diplom-Politologe. Bis zum Herbst 2023 leitete er als Geschäftsführer das „Bayerische Bündnis für Toleranz“, das seinen Sitz im Evangelischen Bildungs- und Tagungszentrums in Bad Alexandersbad im Landkreis Wunsiedel hat. Zwölf Jahre lang setzte er sich aktiv für das Bündnis und die damit verbundene Projektstelle gegen Rechtsextremismus ein. Bei seiner Arbeit sei es ihm gelungen, das Netzwerk nicht nur zu erweitern, sondern zugleich enger zu knüpfen.  „Martin Becher hat Vertrauen untereinander geschaffen, durch seine ausgleichende, besonnene Art und seine klare Haltung“, betonte Dippold in seiner Rede.  Den Preis bekomme er nicht, weil er seinen Job gemacht habe, sondern für die Art und Weise, wie er ihn umgesetzt habe, nämlich mit einer großen Portion Selbstreflexion, aber auch unerschrocken und vor allem unermüdlich.

Viele Erfahrungen sammelte Becher auch in der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung und der Gedenkstättenarbeit. Aktuell arbeitet er an dem Aufbau eines Demokratie-Netzwerks für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) in Nürnberg.

Die Festrede zur Preisverleihung hielt der ehemalige Nürnberger Oberbürgermeister, Dr. Ulrich Maly, mahnte, sich für eine wachsame Demokratie zu engagieren. Aus gebündelter Wut transformieren sich Protestwähler, resümierte er. Deshalb sei es wichtig, dass es Menschen gebe, die als „fröhliche Weltverbesserer“ unsere Demokratie und Verfassung schützen.

Die Auszeichnung mit dem Hermann Müller-Franken Preis bedeute ihm viel, sagte Martin Becher kurz nach der Verleihung. Er fühle sich dadurch stellvertretend für die vielen Menschen geehrt, die sich in der Zivilgesellschaft, in den Kirchen, Gewerkschaften und Parteien, in der Bildung, aber auch im Alltag für die Demokratie engagieren. Sein Preisgeld von 1.000 Euro wird er je zur Hälfte an die Bayerische Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer und rassistischer Gewalt und an die Organisation "Between The Lines" spenden. Letztere schützt Journalisten bei Demos gegen gewalttätige Übergriffe und sichere damit die Pressefreiheit.

Der Herrmann-Müller-Franken-Preis wird vom Förderverein der Franken-Akademie Schloss Schney fortan jährlich vergeben. Es können Einzelpersonen, Initiativen, Gruppen, Vereine und Institutionen ausgezeichnet werden, die sich um den Erhalt und die Förderung der Demokratie in besonderer Weise verdient gemacht haben. Das jeweilige Engagement sollte dabei vor allem in Franken wahrnehmbar sein. Die Auszeichnung umfasst ein Preisgeld in Höhe von 1.000 EUR und einen Ehrenpreis.

Am Samstagabend, den 20. Juli 2024, wurde erstmals der Hermann Müller-Franken Preis für herausragendes Engagement für die Demokratie in Franken verliehen. Ausgezeichnet wurde der Politologe und Rechtsextremismusexperte Martin Becher. Gewürdigt wurde er für seine unermüdliche und verbindende Bildungsarbeit gegen Rechts.

Becher erhielt den Preis aus den Händen von Stefan Hinterleitner, 1. Vorsitzender des Vereins zur Förderung der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung e.V. sowie Prof. Dr. Günter Dippold, Bezirksheimatpfleger für Oberfranken, als Vorsitzenden des Vergabegremiums des Preises.

Er sei ein Experte, der den Kampf gegen Rechtsaußen nie verbissen geführt habe, sondern mit Entschlossenheit und verbindendem Humor, fasste Dippold die Entscheidung des Preisvergabegremiums rückblickend zusammen.

Der Preis wurde dieses Jahr gestaltet von Kevin Hosseinian. Er studiert an der Hochschule Coburg Integratives Produktdesign und arbeitete mehrere Wochen an der Ausgestaltung.  Die Entwicklung des Preises sowie die Ausrichtung der Festveranstaltung sind gefördert aus dem Bundesprogramm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Wer ist Hermann Müller-Franken?

Mit der Auslobung des Preises gedenkt die Franken-Akademie Schloss Schney auch einem herausragenden, aufopferungsvollen Demokraten im frühen 20. Jahrhundert: Hermann Müller-Franken (*18.05.1876   +20.03.1931). Er war von 1919 bis 1928 Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und gehörte 1919 als Außenminister sowie später zweimal (1920 sowie von 1928 bis 1930) als Reichkanzler dem Kabinett des Deutschen Reichs an. Geboren in Mannheim und aufgewachsen in der Region Dresden, vertrat er ab 1920 den Wahlkreis Franken im Reichstag und ergänzte seinen Namen auch in Hermann Müller-Franken. Er gilt als ein Zeitzeuge der November-Revolution und verarbeitete seine Erlebnisse in dem 1928 erschienen Buch „Die November-Revolution – Erinnerungen“.

In einer Zeit, in der die Demokratie in Deutschland mehr Feinde als Freunde hatte, setzte sich Hermann Müller-Franken unermüdlich für die Weimarer Demokratie und die freiheitlich-demokratische Grundordnung ein.

Hermann Müller-Franken war auch der letzte Reichskanzler in der Weimarer Republik, der sich auf eine demokratisch legitimierte Parlamentsmehrheit stützen konnte.

Nach seinem Rücktritt 1930 zerfiel die Demokratie in Deutschland bis zur Machtergreifung Adolf Hitlers 1933 nach und nach. Somit darf Hermann Müller-Franken getrost als ein leuchtendes Vorbild für demokratisches Wirken in stürmischen Zeiten bezeichnet werden.

Interview mit Preisträger Martin Becher

Wie wichtig ist Ihnen die Auszeichnung durch den Hermann-Müller-Franken-Preis?

„Ich freue mich sehr über diese Auszeichnung, die mir viel bedeutet. Ich fühle mich stellvertretend für die vielen Menschen geehrt, die sich in der Zivilgesellschaft, in den Kirchen, Gewerkschaften und Parteien, in der Bildung, aber auch im Alltag für die Demokratie engagieren. Und noch etwas freut mich: der Fokus auf Franken - Franken kann Demokratie!”

Warum erstarken Rechtspopulisten immer mehr in ganz Europa. Rechte Parteien werden auch ganz gezielt von jungen Menschen gewählt. Warum erleben wir aktuell wieder einen Rechtsruck in vielen Ländern?

„Die derzeitige Situation hat sich ja schon in den vergangenen beiden Jahrzehnten allmählich heraus gebildet, Deutschland hat hier ja eher im Zeitraffer nachgeholt, was wir aus anderen Ländern kennen. Die Gründe für das Erstarken sind vielfältig - es ist eine umfangreiche Unzufriedenheit mit der modernen Gesellschaft und ihren sehr vielfältigen Interessenlagen. Ich finde, dass mit den Europawahlen zwei neue Trends deutlich wurden: Die soziale Frage spielt eine größere Rolle als früher und es ist den extrem rechten Kräften in Europa durch ihre Social Media Kampagnen gelungen, junge Menschen anzusprechen."

Ist unsere Demokratie in Deutschland ihrer Meinung nach gefährdet?

„Die Demokratinnen und Demokraten müssen tatsächlich wachsam sein - das haben Anfang des Jahres viele nach den Correctiv-Recherchen* zum Ausdruck gebracht. Es gilt, einerseits das respektvolle gesellschaftliche Miteinander zu schützen, und andererseits die Institutionen, die das gewährleisten: das Verfassungsgericht, die öffentlich-rechtlichen Medien, die verbandliche Jugend- und Bildungsarbeit. Andererseits können wir mit einer gewissen Beruhigung feststellen, dass es der extremen Rechten im Gegensatz zur Situation vor neunzig Jahren nicht gelingt, in den Institutionen Fuß zu fassen, wie es ihnen damals etwa im Militär, den Hochschulen oder der Justiz gelungen war."

* Anmerk. d. Red.: CORRECTIV ist ein gemeinwohlorientiertes Medienhaus, das Demokratie stärkt.

Interview mit Stefan Hinterleitner

1. Vorsitzender des Vereins zur Förderung der politischen Jugend- und Erwachsenenbildung e.V

Warum hat sich die Franken-Akademie Schloss Schney entschlossen, einen Demokratiepreis auszuloben?

„Mit dem Hermann Müller-Franken Preis wollen wir exemplarisch Menschen und Institutionen aus Franken in den öffentlichen Fokus rücken, die sich in ganz besonderer Art und Weise um unser demokratisches Miteinander verdient gemacht haben. Wir danken ihnen damit natürlich. auch für ihren Einsatz und ihr Engagement. Und wir wollen sie als Vorbilder herauszustellen, denen hoffentlich viele andere auf ihre ganz individuelle Art und Weise nachahmen - der Hermann Müller-Franken Preis ist insofern auch als Mutmacher und Motivator gedacht. Denn nur zu lamentieren oder zu meckern, bringt uns nicht weiter. Kritik kann hilfreich sein, wenn sie konstruktiv ist. Noch besser aber ist es, selbst Verantwortung zu übernehmen und sein Lebensumfeld persönlich aktiv mitzugestalten."

Glauben Sie es reicht mit einem Preis auf die Zerbrechlichkeit unserer Staatsform hinzuweisen?

„Nein, das kann nur ein Baustein sein. Wörtlich aus dem Griechischen übersetzt, steht Demokratie ja für „Herrschaft des Volkes". Also sind doch wir alle als Bürgerinnen und Bürger gefordert, unsere Demokratie und unser Grundgesetzt durch wachsame und aktive demokratische Teilhabe zu verteidigen. Dieser großen Herausforderung wollen wir uns als Bildungsstätte stellen - mit unserem regelmäßigen Bildungsangebot, gerade natürlich zur politischen Bildung sowie mit unseren Mitmach-Angeboten für Schülerinnen und Schülern zur Demokratieförderung."

Text und Interview von Iris Kroon-Lottes

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